
Als Marco mich gebeten hat, ob ich für ihn sein Roman-Projekt vertonen würde, habe ich mich natürlich als Erstes gefragt, wie man überhaupt Hörbuchsprecher wird. Welche Voraussetzungen brauche ich dafür? Was gibt es zu beachten? Wie bekomme ich als Amateur-Sprecher eine Chance? Also habe ich mich via Google über die Thematik informiert. Und das Ergebnis war nicht nur motivierend. Doch der Reihe nach.
Als besonders informative Seite habe ich einen Artikel bei www.words-and-more.de empfunden. In diesem beschreibt Peter Eckart Reichel, welche Fragen man sich selbst stellen sollte, bevor man sich als Hörbuchsprecher bei einer Agentur bewirbt. Diese Fragen habe ich mir auch selbst gestellt und versucht, sie für mich zu beantworten. Natürlich möchte ich das Ergebnis mit dir teilen.
Zungenbrecher üben
Als Erstes ist eine gute Artikulation notwendig. Um zu testen, ob diese gegeben ist, empfiehlt Reichel, gängige und vielleicht auch unkonventionelle Zungenbrecher dreimal in Folge fehlerfrei vorzutragen. Denn was im Kindesalter dem Spaß dient, ist gleichzeitig auch eine Übung, selbst schwierige Sätze zu sprechen. Also habe ich mir mein Mikrofon geschnappt und einige Zungenbrecher eingesprochen. Und während man diese Stolpersteine der deutschen Sprache völlig problemlos still lesen kann, werden sie ausgesprochen durchaus zu einem Problem. Denn nicht alle Zungenbrecher wollten bereits beim ersten Mal fehlerfrei über meine Lippen kommen. Erkenntnis hier: Die Artikulation kann ich noch weiter verbessern. Also heißt es üben.
Die Sache mit der Selbsteinschätzung
Im nächsten Schritt habe ich versucht, die Frage zu beantworten, über welche Stimmattribute ich verfüge und zu welchen Charakterbildern meine Stimme passen würde. Hast Du Dir in Bezug auf Deine eigene Stimme jemals über so etwas Gedanken gemacht? Ich habe mir Aufnahmen meiner Stimme angehört und versucht, diese Frage für mich zu beantworten. Doch zumindest mir schien es schier unmöglich zu sein, darauf selbst eine Antwort zu finden.
Also habe ich einem befreundeten Logopäden eine Sprachaufnahme von mir zukommen lassen und ihn gebeten, meine Stimme zu charakterisieren. Und was für mich ein Ding der Unmöglichkeit war, stellte sich für den Sprachtherapeuten als Kleinigkeit heraus. Hier also seine Antwort auf meine Frage:
„Hi Du!
Also ich würde Deine Stimme unter phoniatrischen, bzw. linguistischen Gesichtspunkten in dieser Weise beschreiben:
Die Stimmein- und absätze sind physiologisch fest. Die Stimme ist tragfähig und resonanzreich, die Stimmlage im mittleren Bereich (Bariton). Die Artikulation entspricht der hochdeutschen Standardaussprache – Artikulationsstörungen liegen nicht vor. Die Sprechphrasen werden durch eine angemessene Pausensetzung unterteilt. Die Prosodie (Sprechmelodie) ist lebhaft: Dynamikbreite und Tonhöhenspektrum werden passend zum jeweiligen Kontext moduliert, was der Stimme Ausdrucksfähigkeit verleiht.
Unter künstlerischen Gesichtspunkten würde ich Deine Stimme in dieser Weise beschreiben:
Die Stimme klingt maskulin und jung, sachlich-berichtend und dennoch ausdrucksstark bei lebhafter und interesanter Sprechmelodie. Gerade für Erzählungen wäre sie besonders geeignet.
Liebe Grüße“
Nun bin ich um diesen Punkt zumindest schlauer. Und mir scheint es gar nicht mehr so abwegig, dass ich eines Tages vielleicht doch noch einen aufstrebenden, jungen Helden einsprechen oder gar synchronisieren werde.
Einen Haken gibt es immer
Letztlich bringt Herr Reichel jedoch einen wichtigen Punkt, in dem ich nicht mithalten kann. Denn als wichtigen Faktor benennt er die richtige Sprachtechnik und legt deswegen angehenden Hörbuchsprechern nahe, diese in einer Schauspiel- oder Sprachschule zu erlernen. Da Schauspieler gelernt haben, wie sie einen Text richtig vortragen, sie Präsenz in ihre Stimme bringen und Spannung aufbauen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass sie als Sprecher ihren Nebenerwerb gefunden haben, was es für Amateure schwer macht, in diesem Bereich Fuß zu fassen.
Fazit
Diese Erkenntnis mitgenommen lasse ich mich jedoch noch lange nicht abschrecken oder entmutigen. Als Nächstes stehen erste Probeaufnahmen an, in denen ich ausprobieren werde, ob eine reine Erzählung des Buches am besten funktioniert, oder ob ich doch probiere, wiederkehrenden Rollen eine eigene Stimme aufzudrücken, mit der ich sie sprechen lasse. Dazu habe ich bislang allerdings keine Erfahrungswerte. Und hier wird mich ein Versuch klüger machen.
Spannender Auftakt. Wird interessant, wie du das Ganze weiterführst und wohin dich der Weg verschlägt.
Sehr schön. Bekommen wir eine Stimmprobe zu hören?
Hast du einen Tipp wen man fragen könnte wenn man keine Logopädin zur verfügung hat?
Hi Daniel,
in meinem nächsten Blogbeitrag wird es sicherlich eine Stimmprobe geben. Ansonsten kann man bezüglich einer Stimmeinschätzung sicherlich jeden fragen, der sich mit Sprache befasst. Das könnten vermutlich auch Leute aus dem Bereich Schauspiel oder Call Center.
Da ich deine Stimme kenne, kann ich dem Logopäden nur zustimmen.
Als Buchhändlerin höre ich recht viele Hörbücher und kann dir sagen: auch ausgebildete Schauspieler sind nicht immer gute Hörbuchsprecher. Also: nicht entmutigen lassen!